Dresden – Was muss eigentlich noch passieren, damit Sachsens Staatsregierung endlich bei den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden (SKD) durchgreift?
Veraltete Sicherheitstechnik beim Remmo-Bruch im November 2019 im Dresdner Schloss, eine Generaldirektorin, die im Dezember 2021 auf einen Betrüger reinfiel – der 40 000 Euro für ein vermeintliches Schmuckstück erhielt. Und zuletzt die gescheiterte Schadensersatz-Klage gegen die Remmos, die den Steuerzahler noch Millionen kosten wird.
Die Skandal-Liste um die Staatlichen Kunstsammlungen und ihre Chefin Marion Ackermann (58) ist lang. Nun kommen die nächsten unglaublichen Vorgänge an die Öffentlichkeit.
Erst unfassbare drei Jahre nach dem Bruch bemüßigten sich die Verantwortlichen, den Sicherheitsdienst für die staatlichen Museen (u. a. Dresdner Schloss, Zwinger, Albertinum) mit all den Staatsschätzen und Gemälden des Freistaats ab 26. Dezember 2022 neu auszuschreiben.
BILD stellte der SKD zahlreiche Fragen, unter anderem, ob das Sicherheitspersonal künftig bewaffnet ist. Doch eine Antwort gibt es nicht: „Dies ist Teil des Sicherheitskonzeptes und unterliegt dem Geheimschutz.“
Nach BILD-Informationen sollte die Vergabe bereits zum 31. August 2023 abgeschlossen sein, die Frist wurde aber noch einmal verlängert – bis Ende September. Warum, wollte die SKD auf Anfrage nicht sagen. Vor Tagen hieß es nur: „Das Vergabeverfahren ist somit noch nicht abgeschlossen.“
Doch BILD erfuhr aus Regierungskreisen: die DWSI – das Dresdner Wach- & Sicherungsinstitut GmbH – habe mit dem günstigsten Angebot wieder den Zuschlag erhalten. Im Verfahren wurden „Securitas“ und „Ihre Wache“ zweit- und drittplatzierte. Auch SPIEGEL-TV-Reporter Thomas Heise berichtet über die Vergabe auf dem Kurznachrichtendienst X (ehemals Twitter).
Paradox: Die DWSI ist genau das Unternehmen, welches der Freistaat Sachsen derzeit vor dem Landgericht Dresden verklagt. Die SKD zu BILD: „Das Verfahren soll der Klärung dienen, ob DWSI im Zusammenhang mit dem Einbruch Vertragspflichten verletzt hat. Der Freistaat Sachsen ist der Ansicht, dass dies der Fall ist.“ Sachsen fordert per Klage (Aktenzeichen 5 O 2397/22) 15,3 Millionen Euro vom Wachdienst.
„Weder im Strafverfahren noch in dem jetzt anhängigen Zivilrechtsverfahren gab es bisher rechtskräftige Entscheidungen, die dem Unternehmen oder einzelnen Mitarbeitern Pflichtverletzungen nachweisen“, so die Staatlichen Kunstsammlungen dazu. „Im Strafverfahren gab es auch Ermittlungen gegen Beschäftigte der DWSI. Diese wurden sämtlich von der Staatsanwaltschaft Dresden eingestellt.“
Und weiter heißt es: „Darüber hinaus wäre es durchaus risikobehaftet gewesen, während der Aufarbeitung des Einbruchs, der anschließenden aufwändigen Analyse sowie der Ausarbeitung der neuen Sicherheitsstruktur, die der aktuellen Ausschreibung zugrunde liegt, den Sicherheitsdienstleister zu wechseln.“
In Ermittlerkreisen schüttelt man über solche Aussagen den Kopf. Ein Insider zu BILD: „Nur weil niemand ermittelt werden konnte, heißt das nicht, dass die Remmos keine Helfer hatten. Die Täter verfügten über sehr viel Insiderwissen und aus dem Bruch im Bode Museum wissen wir, dass da ein Wachmann geholfen hatte. Daher hätte bereits direkt nach dem Einbruch das Unternehmen getauscht werden müssen.“
Die Ermittlungen der Soko gehen trotz Verurteilung der Täter (noch nicht rechtskräftig wegen Revision) weiter. Vor allem Hintermänner sollen noch ermittelt werden.
Pensionär soll jetzt für Sicherheit sorgen
Im Frühjahr hatte BILD einen geheimen Sicherheitsbericht (42 Seiten) des Freistaats öffentlich gemacht. Darin wirft ein Ermittler den Staatlichen Kunstsammlungen eine „wenig ausgeprägte Sicherheitskultur“ vor. Nunmehr wurde nonetheless und heimlich zum 1. Juli ein neuer Sicherheitschef angeheuert – die derzeit wohl wichtigste Stelle des Hauses.
Die Staatlichen Kunstsammlungen schreiben BILD dazu auf Anfrage: „Die SKD geben die Neubesetzungen von Direktionen grundsätzlich per Pressemitteilung bekannt und in Ausnahmefällen auch die Besetzung von Abteilungsleitungen. Zu diesen Ausnahmen zählte die Besetzung der Stelle des Leiters der Abteilung Sicherheit nicht.“
BILD weiß: Es handelt sich um den früheren Vize-Präsidenten der Bundespolizei in Berlin, Ralph Krüger. Der 66-jährige Pensionär verdient sich mit der E-15-Stelle in Dresden (mindestens 5017 Euro / Monat, werden auf die Pension angerechnet) noch etwas dazu.
In Regierungskreisen schüttelt man über die Personalie den Kopf, vor allem über die zuständigen Entscheidungsträger, welche nicht langfristig denken und nur auf kurzfristige Lösungen setzen.
BILD wollte von den SKD wissen: Bis zu welchen Lebensalter soll Herr Krüger die Tätigkeit ausüben, warum stellt man überhaupt einen Pensionär ein?
In der Antwort wird lediglich auf „jahrzehntelange Berufserfahrung“ und zahlreiche „In- und Auslandseinsätze“ verwiesen. Am Ende heißt es: „Bitte haben Sie Verständnis, dass wir zu weiteren personenbezogenen Daten keine Auskünfte erteilen.“